Archive for Juli, 2012

Die Made im Speck gruesst von der gruenen Insel

Montag, Juli 30th, 2012

Puh, dies hier ist definitiv der teuerste Blogeintrag bisher, hab’s heut in Dublin nicht in ein Internetcafe geschafft, deshalb eine Stunde Schiffs-Internet für schlappe EUR 19,90 gebucht – lest diesen Blogeintrag also mit Genuss!

Erstmal vorweg: mir geht’s super, bin gesund und fuehl mich auf der „Mein Schiff 2“ pudelwohl! Auch mit meinem Vater laeuft’s gut, wir sind uns zwar nicht immer einig, aber das muss ja auch nicht sein, und im Grossen und Ganzen ist es sehr lustig und harmonisch! Wir sind beide sehr entspannt und (sorry, man muss es so sagen…) futtern und saufen uns durch die Tage. Zwar alles sehr gediegen, unter 5 Gängen läuft nix, und trinken tun wir die Cocktailkarte rauf und runter (ich habe festgestellt, dass ich immernoch keinen Whiskey und auch keinen Gin mag!), aber ich fuehl mich ein bißchen wie ein Säugling, dem alle paar Stunden Nahrung angeboten wird. Naja, wie gesagt, ich seh’s als Vorsorge, „wenn du dich demnächst wieder von ueberfahrenen Fröschen ernährst“ ;-). Kennenlernen tut man beim Essen und Trinken auch oft jemanden, und stellt euch vor, wer bisher am nettesten war? In Muenster gibt es 62 Fahrradhaendler, und wir lernen ausgerechnet den kennen, der mir vor 11 Jahren mein Fahrrad verkauft hat. Lustig, oder?

Edinburgh hat uns sehr gut gefallen, da wuerd ich gern nochmal länger hin, und dann auch nach Glasgow. Am Tag danach waren wir in Invergordon, Ostkueste Nordschottlands. Nach Loch Ness sind wir nicht gefahren, sondern im Mininest Invergordon geblieben. Die Bewohner (3000 oder so) waren sehr bemüht, haben kostenlose religiöse Lesezeichen und viele Infos verteilt, schöne Erfahrung! Der Tag danach war Schiffstag, da haben wir bei recht stürmischer See und bedecktem Himmel und nur 12 Grad Nordschottland umrundet – ich hab aber in Nordschottland auch kein anderes Wetter erwartet, und es war ein lustiges Gefühl, bei so viel Seegang auf dem Crosstrainer zu balancieren! Ja, Sport mach ich hier auch, ist ein recht gutes Angebot, und vor ner Glasfront mit Blick auf die Irische See ist das schon cool! Und trotz Seegang blieben zumindest bei uns alle Cocktails drin…

Gestern haben wir in Belfast angelegt und hatten einen Ausflug entlang der Nordostkueste zum Giant’s Causeway, eine Ansammlung von 40.000 Basaltsaeulen, gemacht. Der Giant’s Causeway ist der Ueberrest eine Brücke, die sich mal ein schottischer und ein irischer Riese gebaut haben, um zueinanderzukommen, um sich zu kloppen – der Legende nach zumindest… War beeindruckend, und wir hatten auch da Glück mit dem Wetter.

Heute waren wir in Dublin, haben die Powescourt Gardens besichtigt und Dublin erkundet (das ich ja schon kannte). Morgen geht’s weiter nach Cork, und danach – endlich – mal wieder ein entspannter Seetag! Da werde ich mal wieder unsere Haengematte auf dem Kabinenbalkon nutzen und in den Pool springen. Dekadentes Leben…

So, ich muss jetzt meine Vater einfangen, der erschreckt wahrscheinlich gerade Omas vor den Fahrstuehlen oder hat sich in die Küche geschlichen, um die Dessert-Ruehrschuesseln auszulecken oder so 😉

Ich hoffe, euch geht’s allen gut und ihr geniesst auch den Sommer! Liebe Gruesse, Claudia

Ahoi!

Mittwoch, Juli 25th, 2012

Hallo zusammen! Sorry, dass ich mich jetzt erst melde, aber auf dem Schiff kostet jede Minute Internet 1,49 EUR… Da hab ich lieber gewartet, bis ich hier in Edinburgh am schoenen Grassmarket sitzen kann und euch schreiben kann, dass es mir gut geht!

Das Wochenende in Hamburg war schoen, aber auch eine emotionale Achterbahnfahrt. Mit der Jugendliebe auf dem Roller durch Hamburg bei herrlichem Sonnenschein, um Kaesekuchen und Basilikumeis essen zu gehen, festzustellen, dass es auf der Reeperbahn nachts um halb zwei alles andere als schön ist, von lieben Freunden gefragt zu werden, ob ich nochmal Patentante werden will (ja, ich will!!!!), mit Familie und Freunden essen gehen, alles toll, aber ich hing irgendwie zwischen den Welten. Nun ja, nun bin ich auf dem Planet „Mein Schiff 2“ angekommen, und hier gibt es vor allem eins: viel zu essen 😉 Mein Vater sagt immer: „hau ordentlich rein, fuer die Zeit, wenn du dich demnaechst von Vogelfutter und Essensresten ernaehren musst“ (er liest meinen Blog nicht und weiss nichts von Wildschweingulasch und Pelmeniwundern), aber ich esse lieber zurueckhaltend, muss ja die Menge kompensieren, die er 4x taeglich wegfuttert 😉 Wie auch immer, wir sind Montag abend von Hamburg aus losgefahren, bei herrlichstem Sonnenschein, und haben ewig an Deck verbracht, weil die Elbausfahrt durch die Hamburger Vororte bei Sonnenuntergang einfach unbeschreiblich schoen war.

Gestern war Seetag, super zum Schiff erkunden, Sport machen, in der Sonne liegen (wir haben ne eigene Haengematte auf unserem Balkon, edel geht die Welt zugrunde ;-)) und essen natuerlich. Heute sind wir in Edinburgh, eine schoene uebersichtliche, aber sehr geschaeftige Stadt. Papa habe ich gerade mit handmade fudge auf einer Parkbank platziert… Wir waren schon beim Castle, gleich geht’s zum National Museum, das angeblich eine tolle Dachterasse hat.

Ich meld mich wieder, wenn ich wieder ein Internetcafe finde, aus Irland wahrscheinlich! Bis dahin lasst es euch gutgehen, ich lebe auch wie die Made im Speck hier 😉

leaving Tallinn – ein bisschen traurig und sehr dankbar und gluecklich!

Freitag, Juli 20th, 2012

Letzter Tag der 1. Etappe meiner Weltreise – I have to face it… Ich fange heute mal mit einer Zusammenfassung an, habe mir heute morgen beim Heringsandwich-Fruehstueck so meine Gedanken gemacht, weil ich nun morgen das Baltikum verlasse und zur 2. Etappe (Grossbritannien) uebergehe. Also, das Baltikum hat mich ja wahnsinnig angezogen, warum genau, weiss ich auch nicht, ich weiss nur, dass ich hier viel erlebt habe, jeder einzelne Tag grossartig war, und ich mich einfach in den 3 in den letzten knapp 3 Wochen bereisten Laendern extrem wohl gefuehlt habe. Vor allem die Litauer haben mich von ihrer Persoenlichkeit her und vom Land extrem beeindruckt und begeistert. Das ist ein tolles Gefuehl, ich koennte noch gut zwei Wochen hier bleiben, wenn das Wetter so bleibt. Ich freu mich aber auch darauf, meine Waesche zu waschen, ein paar meiner Freunde und Familienangehoerigen in Hamburg zu sehen und dann am Montag zusammen mit meinem Vater auf die „Mein Schiff 2“ in Richtung Edinburgh zu starten. Das kommt mir heute aber alles noch ganz weit weg vor, dabei muss ich morgen frueh schon vor 8 h – grrr – den Flughafenbus nehmen…  Ich bin sehr dankbar fuer die Zeit hier und nehme sehr viel mit von dieser 1. Etappe, und ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.

Den heutigen Morgen habe ich, wie gesagt, mit einem Heringsandwich im Cafe Matilda begonnen – die Zimtschnecken brauchten noch, die kamen dann direkt auf den Ofen auf meinen Tisch und direkt weiter in meinem Mund. Ich hatte mal Lust auf richtiges Fruehstueck, also habe ich 2 Stunden lang Kaffee getrunken, Zimtschnecken gegessen und Leute geguckt. Herrlich! Dann habe ich Uli & Benoit getroffen, der Tag war wirklich ein Geschenk! Es war so ein Zufall, dass wir gleichzeitig in der Stadt waren, und wir haben die Zeit sehr genossen. Zuerst sind wir auf die Olafskirche gestiegen, um einen Blick ueber die Stadt zu haben. Dann haben wir an einer dieser „free tours“ durch die Stadt teilgenommen, das war superunterhaltsam, auch wenn es dieses Mal eine Frau und nicht so ne Schnitte wie in Riga war 😉 Dann waren wir nochmal im Cafe Matilda, weil’s so schoen war,  sind noch ein bisschen durch die Stadt gestreunert, und dann mussten die beiden auch auf ihr Schiffchen zurueck. Zusammen mit – keine Ahnung – 2000 anderen Kreuzfahrern, danach war die Stadt richtig leer! Ich war gerade noch mit Louis (der Pilateslehrer, mit dem ich gestern Fahrradfahren war) was trinken, er war heute in Haapsaluu und eigentlich wollten wir zum open-air Kino, aber das faengt erst um 23 h an und es wurde ziemlich kalt, also haben wir das geknickt. Wer weiss, vielleicht macht er zukuenftig Pilates vacations fuer seine Miami Beach babes in Estonia, ich hab gesagt, ich uebernehm den Marketing- und den Ausflugsteil 😉 (@ Ralf: nein, du brauchst meine Papiere noch nicht fertig machen! ;-)).

So, ich geh packen. Bis ganz bald! Schoenes Wochenende, heute ist Freitag!

Tour de Lahemaa

Donnerstag, Juli 19th, 2012

Ja, Milchshakes trinken war der Plan… Letztendlich habe ich gestern nach meinerAnkunft folgendes gemacht: war in einem suessen Cafe wo es  tausend lecker Kaneelrulli und sonstige Teilchen gab, war fuer meine Verhaeltnisse ordentlich Souvenirs shoppen, war in einer Fotoausstellung ueber Tallinn in den 20ern und 30ern, habe spannende Kunst entdeckt und eine sehr guenstige, versteckte Kantinen-Essensmoeglichkeit wiedergefunden, habe 2nd Hand ein Buch von Tracy Chevalier erstanden bzw. ertauscht, weil ich aus irgendeinem Grund aberglaeubisch bin und Tracy Chevalier-Buecher nicht kaufen darf  (das erste hat Maren mir geliehen, das 2. habe ich ueber eine Woche in der Seattle Public Library gelesen, als Eric recherchiert hat, nun also das dritte, habe es gegen mein ausgelesenes Bill Bryson „Thunderbolt Kid“ getauscht), habe schoene Fotos in der Abendsonne gemacht und – das beste – habe auf der Fensterbank ueber den Daechern der Stadt im Hostel gesessen, mit Keksen und meinem neuen Buch und ein paar wirklich guten Strassenmusikanten zugehoert – und das alles for free! I love Tallinn! 🙂

Das dorm ist inzwischen voll, ich war aber so platt, dass ich um 23 h eingeschlafen bin und erst heute morgen in einem vollen Schlafsaal wieder aufgewacht bin. Danke, Ohrstoepsel!

Ja, und heute ging’s dann in den Lahemaa Nationalpark. Musste schon um 8.30 h da sein, war toll, so frueh in der Sonne durch die Stadt zu gehen. Ausser mir machte die Tour noch ein mittelalter Philippino, Pilateslehrer (!), Wohnsitz Miami Beach mit, und ein Paar aus Washington DC, aber die blieben 3 Tage im Park und wir haben nur die erste Strecke mit ihnen gemacht. Es war grossartig, der Park hat ganz viele alte renovierte Gutshaeuser mit Gartenanlagen, viele kleine Fischerhaefen, heilige Baeume und Steine (mit Baendern geschmueckt, Naturreligion!), aber toll war auch, mit diesem interessanten Menschen 6 Stunden durch die Gegend zu radeln, endlich mal wieder richtiges englisch zu hoeren und zu sprechen, Gemeinsamkeiten zu entdecken, gemeinsam laut zu lachen! Tiere haben wir ausser Stoerchen keine gesehen, aber bei unserem Geplapper ist sicher auch jeder Elch, Baer, Fuchs verschreckt worden… Hier ein Foto, wie gewünscht im Frosch-T-Shirt:

Nun bin ich wieder im Hotel, geh gleich duschen, musste erstmal runterkommen, glaube nachher ist wieder Zeit fuer eine Pferdesalbeneinreibung 😉

Morgen kommen Uli und Benoit mit der Queen Elizabeth hier in Tallinn an und wir werden den Tag gemeinsam verbringen. Freu mich! Viele liebe Gruesse, Claudia

bin in Tallinn

Mittwoch, Juli 18th, 2012

Tere aus Tallinn! Puh, alles voller Touristen hier, so ungewohnt nach Saaremaa… Bin in einem netten Hostel gelandet, teilen uns einen 9er dorm zu zweit,  bisher  jedenfalls. Ich war ja letztes Jahr schon mal hier, deshalb kann ich mich jetzt beruhigt in ein Cafe setzen, ein bisschen Tagebuch schreiben und Milchshakes trinken. Das ist der Plan, wie es kommt sehen wir, wenn ich gleich vor die Tuer trete… Morgen habe ich mir eine Bike tour in den Lahemaa Nationalpark gebucht. Das ist 50 km oestlich  von Tallinn, man wird hingefahren und hat dann 8 Stunden mit dem Rad dort. Es gibt wohl jede Menge alter Gutshaeuser, Kueste, Natur. Hoffentlich fahre ich keinen Elch an…  Gestern abend war ich noch estnisch essen, in einer umgebauten alten Windmuehle. Ich hab Hering als Vorspeise gegessen, danach etwas bestellt, von dem ich mal wieder nicht wusste, was es ist und es deshalb bestellt habe. Beim Essen daemmerte mir dann was, und Wiebke bestaetigte nach einer sms, dass auf meinem Teller Wildschwein in Ingwerchilisauce lag. War lecker, aber ich kam mir nach der Begegnung vom Vormittag doch etwas unmoralisch vor.  Deshalb heute nur Milkshakes!

Ach, die Minibustour hierher *3,5 Std. incl. Faehrueberfahrt* war auch wieder unterhaltsam, weil mich immer mal wieder ein Finne ansprach. Aber, kann mir mal jemand sagen, warum man von Finnen so oft als eine der folgenden Fragen gestellt bekommt Do you like Rammstein Ich meine, sehe ich aus wie jemand, der Rammstein hoert Fragezeichen \die Tastatur ist hier komisch, ich geh jetzt Milkshakes trinken. Claudia

 

Glückstag!

Dienstag, Juli 17th, 2012

Hui, heute ist vielleicht was passiert: ich hatte 4 Wildschweine vor dem Auto! Ich bin heute morgen nach dem Frühstück losgefahren in die nordwestlichste Ecke der Insel, wieder in dieses Naturschutzgebiet, zum Wandern. Ungefähr ne Stunde Fahrt. Die Strassen sind hier generell absolut leer, es irritiert mich inzwischen total, wenn vor oder hinter mir ein Auto ist. Jedenfalls war ich auf schnurgerader Strecke, rechts und links Wald, und sehe ca. 200-300 m vor mir 3 grosse Wildschweine die Strasse überqueren, im Schweinsgalopp sozusagen. Ich hab natürlich gebremst, stand fast, und schwupps, da kam ein kleines hinterher gehüpft, direkt vor meinem Auto entlang. Ich bin natürlich fast ausgeflippt vor Freude! Und dem noch nicht genug, auf der Rücktour (da bin ich schon freiwillig nur 80 km/h statt der erlaubten 90 km/h gefahren) kam ein Fuchs über die Strasse, guckte nochmal nett aus dem Getreidefeld und verschwand. Oh mann. Fehlt jetzt noch der Elch… 2 Schlangen und eine Maus habe ich hier auf der Insel auch schon gesehen, das ist doch auch was.

Nun ja, heute war ich also wandern, 10 km auf einer Landzunge. An der Spitze steht ein Leuchtturm, der mal in der Mitte der Landspitze gebaut war. Jedes Jahr verschiebt sich die Landspite aber mehrere Meter, so dass der Leuchtturm inzwischen ca. 10 m entfernt vom Strand im Wasser steht. Gab schöne Fotomotive, und es war nett, immer Meeresrauschen im Ohr zu haben.

Gestern hab ich mir einen Meteoritenkrater angeschaut. 110 m Durchmesser, 61 m tief, ist jetzt ein See. Irgendwie krasse Vorstellung, das das Ding mal im 45-Grad-Winkel mit 25 km/h dort gelandet ist – fump! Danach war ich Windmühlen angucken und eine Burg, die schon im 14. Jhd. zerstört wurde, die aber absolut beeindruckende Gewölbe hatte. Und das in the middle of nowhere…

Heute abend werde ich nochmal estnisch essen gehen und morgen dann Abschied nehmen von der Insel. Im Minibus nach Tallinn, das verspricht wieder neue Abenteuer 🙂 Liebe Grüsse, Claudia

 

greetings from where the asphalt ends

Montag, Juli 16th, 2012

Tere zusammen! Das ist estnisch und heisst Hallo (ausgesprochen, als wuerde ein schwuler Elefant Töröö sagen, probierts mal aus!). Ich bin seit Freitag abend hier auf Saaremaa, der grössten estnischen Insel. Ehrlich gesagt ist hier ziemlich der Hund begraben, es gibt hauptsächlich Natur, die dafür aber reichlich und sehr, sehr schön. Meine Unterkunft ist ein Traum, es ist ein altes Bauerngehöft an der Südspitze einer Halbinsel, sehr liebevoll umgebaut zu einer Ferienunterkunft. Ich wohne in einem Zimmer in einem reetgedeckten Stall, die Wände und die Decke sind aus dunklen Bohlen, die Ritzen mit Moos ausgestopft, die Tür wird nur mit einem Stück Holz verriegelt, und auf dem Fenstersims sitzen Rauchschwalben und gucken mich frech an. Herrlich! Ein guter Ort, um nach den ersten 2 Wochen Weltreise und den vielen Eindrücken mal zur Ruhe zu kommen und mich (und meinen Rucksack) ein bisschen zu sortieren. Es ist so herrlich ruhig, ausser Wind und Vogelgezwitscher hört man nicht viel. Die meisten anderen Gäste sind Fahrradtouristen, die nur eine Nacht bleiben, habe schon nette Deutsche und Schweitzer kennengelernt. Im Ferienhaus wohnen Finnen, das vermute ich jedenfalls, denn sie essen grössere Mengen Haferbrei zum Frühstück, können sich nicht problemlos mit unserem estnischen Hausherren verständigen und hacken abends sehr selbstverständlich Holz fuer ein Feuer – das klingt doch sehr nach Finnen, oder? Bis zum Strand sind es 1 km durch herrliche Wacholderbusch-Kornblumen-Felder, das mache ich meistens abends. Das Tolle ist ja, dass es hier so lange hell ist, die Sonne geht erst kurz nach 23 h unter!

Die Insel ist nicht gross, ca. 40 x 60 km. Gestern war ich im Vilsandi Nationalpark, ein Gebiet das jahrzehntelang unter sowjetischer Besatzung nicht betreten werden durfte und deshalb jede Menge Tiere, vor allem Vögel, beherbergt, die man beobachten kann. Ich bin mit dem Mietwagen (ein schnittiger, 16 Jahre alter, ferrariroter Volvo V40 ;-)) ein paar Strecken abgefahren, kam allerdings an einigen Schotterstrassen wegen Schlaglöchern und Pfuetzen an meine Grenzen – also an die Grenzen des Volvos. Habe mir einen Jeep gewünscht 🙂 Ein Elch ist mir leider, äh, zum Glück (!), noch nicht vors Auto gelaufen. Ich habe neulich einen im Museum gesehen und kurz überlegt, ob man bei den ganz grossen Exemplaren wohl einfach zwischen Vorder- und Hinterbeinen durchfahren kann, die sind ja schon echt gross… Naja, ich will es mal nicht drauf ankommen lassen! Es gibt noch eine Wanderroute ganz in Nordwesten in dem Nationalpark, die ich gern machen wuerde, vielleicht morgen, mal sehen, wie das Wetter wird. Es ist inzwischen ähnlich wie bei euch, kühler (um 18 Grad) und extrem wechselhaft von Sonne bis Regen. Ich hatte wohl mit dem Wetter in Litauen/Lettland grosses Glück, denn der Juni war wohl auch hier im Baltikum sehr verregnet.

Heute werde ich mir noch einen Meteoritenkrater anschauen und ein paar Windmühlen und eine Ruine und einfach ein bisschen rumfahren und anhalten, wo es schön ist. Übermorgen gehts weiter nach Tallinn.

Also, bis bald, head aega und hüvasti! Claudia

 

Pelmeni Queen

Freitag, Juli 13th, 2012

Nochmal hallo aus Riga! Habe gestern einen tollen Tag in Riga verbracht, die Stadt ist wirklich eine Reise wert, ich bin froh, dass ich doch noch hergekommen bin, wollte ja eigentlich nur durch Lettland durchfahren… Ich hab gestern mittag an einer free tour durch die Stadt teilgenommen, mit 30 lustigen Menschen (nur 2 davon aus Deutschland!) und einem noch tolleren Guide der aussah wie – lechz – dieser Moderator, wie heisst denn der noch, Viva, jetzt ZDF neo, naja, Maedels ihr wisst schon, lechz… Danach war ich im Jugendstilviertel und habe tolle Fotos gemacht:

Zwischendurch das Gebaeude von Zvaigzne (lettischer Verlag) fotografiert, und abend war ich dann in einem Bach-Konzert (hier ist gerade Festival fuer alte Musik). Die Karte ueberstieg zwar mein Budget, aber ich habe dafuer den boat trip weggelassen und nur eine schnelle Portion Pelmeni gegessen, schwupps, Geld gespart fuers Konzert. Und das war es definitiv wert, die Musik und die Musiker waren grossartig und  habe bei der Gelegenheit noch einen netten Letten kennengelernt. Nein, er hiess nicht Ian 😉

Gestern abend im Hostel haben wir dann noch lange zusammengesessen. Ich hatte am 1. Abend schon mit einer Frau aus USA/Israel (@Steffi: Typ Racheli ;-)) gesprochen, die nach Spuren ihrer juedischen Vorfahren sucht, eine superspannende Geschichte. GEstern abend gesellten sich noch zwei andere Deutsche dazu und wir haben bis weit nach Mitternacht gequatscht und viel gelacht.

So, nun geht’s gleich weiter, Richtung Estland. Ich mache spontan Zwischenstopp in Paernu, soll schoen sein, ich gucks mir mal an. Dann fahre ich mit der Faehre nach Saaremaa, einer Insel vor Estland. Leihe mir dort ein Auto und fahre dann zu der Unterkunft, auf die ich mich so freue, die mit den Wildschweinen. Die Wegbeschreibung lautet u.a. : „drive to where the asphalt ends, then turn right“ – oh, das wird toll!

Lasst es euch gutgehen, da ich ausnahmsweise mal weiss, dass heute Freitag ist, wuensche ich euch ein tolles Wochenende! Claudia

ups and downs

Donnerstag, Juli 12th, 2012

Hallo aus Riga! Fragt nicht, wie ich hierhergekommen bin, ich sag nur: Minibus (12 Personen), ca. 5 Backpacker-Rucksaecke im Gang, der Fahrer hatte es wohl irgendwie eilig, also flogen wir 2 Stunden lang in Kurven (rechts ueberholt, links ueberholt,…) ueber eine nahezu schnurgerade Schlaglochpiste von Sirilaiui (oder so aehnlich) nach Riga. Links neben mir eine aeltere Litauerin, die mich immer anhaute, wenn es was spannendes zu sehen gab, rechts neben mir (zum Glueck war der Gang und mein Rucksack zwischen uns) ein juengerer Litauer, der mich sofort in ein Gespraech verwickelte ueber folgende Themen:

– erst ein schoenes Missverstaendnis zu Beginn: auf die Frage, was ich arbeite, verwechselte er children“s books mit box und musterte mich von oben bis unten, und schuettelte den Kopf, ich gehe wohl nicht als Boxlehrerin fuer Kinder durch…

– why are you travelling? – diverse Argumente von mir – yes, but WHY? Do you have problem in Germany? No? So why are you travelling??? Verstand er ueberhaupt nicht…

– er ist Sicherheitsmensch in Nottingham, angeblich frueher Polizist in Litauen, aber das Gehalt war zu schlecht. Also eine klassische litauische Geschichte, wie ich gelernt habe, sehr viele Litauer verlassen ihr Land. Nun hat er eine Freundin in Riga, aber er haette trotzdem nichts dagegen, mit mir nach Riga zu kommen (you know what I mean..). Das war der Moment, in dem ich einen boyfriend in Deutschland erfand, aber er meinte, wir koennten ja darueber schweigen. Himmel…

– dann die Frage, ob mein boyfriend mich schlagen wuerde, in Litauen sein das normal. So you are not used to this???

Zum Glueck schlief er nach einer Stunde ein. Tja, viel gelernt in diesem Gespraech, aber ich war heilfroh, dass wir ihn am Flughafen Riga „verloren“ haben, er wollte nur zur Toilette, aber der Busfahrer fuhr einfach ohne ihn weiter, wie gesagt, der schien es eilig zu haben…

Nun ja, ansonten war ich gestern am Hill of Crosses, ein Ort, an dem die Litauer seit 1830 Kreuze aller Form und Farbe fuer ihre (oft verschollenen) Verwandten aufstellen. Es war auch ein Zeichen der tiefen Glaeubigkeit – deshalb haben die Russen die tausenden Kreuze in den 60er und 70er 2x plattgewalzt – am naechsten Tag haben die Litauer sie wieder aufgerichtet! Heute stehen dort hunderttausende Kreuze, es ist ein Wahnsinnsanblick, der Wind spielt mit den Rosenkraenzen, es war tief bewegend!

Hingefahren bin ich mit einer Argentinierin und einer Spanierin, wir hatten gestern morgen zusammen den Bus verpasst und kamen ins Gespraech. Das war supernett!

So, und nun gehe ich mal Riga erkunden, schliesslich bin ich nur einen Tag hier! Eigentlich hatte ich vermutet, dass ich Riga nicht so sehr mag, aber die Stadt hat mich gestern schon voellig in den Bann gezogen, so schoen!

Liebe Gruesse, Claudia

 

even more sand in my shoes…

Dienstag, Juli 10th, 2012

Puh, heute ist so viel Tolles passiert, da weiss ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Also, erstmal gestern abend. Mein erster richtiger Hostelabend, der 46jaehrige social worker aus Bruessel hat Vodka spendiert, 2 sehr klischeehafte, aber sehr nette Finnen haben Erdbeeren ausgeteilt, eine Litauerin hat uns die Sache mit der Selbstmordrate erklaert, und kurz vor Mitternacht wollte der social worker uns alle ueberzeugen, dass alle Drogen legalisiert werden sollen („they don“t do any harm, I“ve tried them all and I am still alive!“). Mein Zimmer ist inzwischen auch fast voll, Zuwachs ueber Nacht.

Nun aber zu heute. Also, war in Nida, dem suedlichsten Punkt der Kurischen Nehrung. Bin dort zuerst (weil es noch vormittag und nicht so heiss war) auf eine der beruehmten Wanderduenen geklettert. Cool! Rechts und links Wasser, im Sueden Russland, um einen herum nur Sand! Schon da wusste ich, wie die Ueberschrift fuer den heutigen Blogeintrag lauten sollte 😉

Mittags (naja, so um 15 h, Zeit verliert hier an Bedeutung…) war ich einem super Supermarkt und blieb an der Theke haengen. So viele lecker Sachen. Habe mir ein Potpourri von Kroketten, Teigtaschen und Salate zusammengestellt und toll am Wasser mit den Spatzen gegessen. Lustig, wenn man erst beim Reinbeissen feststellt, was man gekauft hat!

War zum Glueck alles lecker! Nur den Rest einer Riesenkrokette hab ich den Kraehen gegeben. Ich fand, das war eine gute Geste von mir, bei all dem, was meine menschlichen Vorfahren ihren Vorfahren angetan haben, wie ich im Regionalmuseum gelernt habe: bis in die 40er Jahre wurden Kraehen mit Netzen gefangen, totgebissen (!), danach gabs fuer den Beisser einen Schluck Schnaps, dann wurden die Kraehen geraeuchert und gegessen. Na lecker!

Dann habe ich als gute Philologin das Thomas-Mann-Haus besucht, und durch das Fenster geguckt, durch das er in den Sommern von 1930-1932 auch „auf seine Riviera“ aufs Meer geguckt hat. Ja, und dann passierte heute spaetnachmittag was Tolles: kam durch Zufall in der Altstadt von Klaipeda am Schmiedekunstmuseum vorbei. Klingt nicht spannend, aber ich bin trotzdem mal reingegangen. Geschmiedete Kreuze haben hier eine besondere Bedeutung (morgen mehr). Im Garten gab es eine Ausstellung, nicht wahnsinnig aufregend, dann winkte ich ein Alter Mann ins Haus (= Museum), drueckte mir einen Erklaerungszettel in die Hand und scheuchte mich sehr freundlich in alle Raeume. Beim Rausgehen fragte er in gebrochenem deutsch, ob ich deutsch spreche und ob ich die alte Schmiedewerkstatt sehen wollte. Das wollte ich natuerlich. Das war so toll, ganz viele alte Geraete, noch mehr alte Schmiedekunst, noch nicht restauriert, tausend Kleinigkeiten! Ich kam mit einem Mann ins Gespraech, der mir einiges ueber die Werkstatt erklaerte. Er meinte, viele lassen ihre Kreuze nicht mehr restaurieren, aber sie machen auch Schmuck. Er zeigte mir Ringe, einen sollte ich aufprobieren. Er war etwas zu eng, er machte ihn mit einem Holzhammer breiter, ueberreichte ihn mir uns sagte „it“s a present“, laechelte und ging wieder an die Arbeit. Die Litauer! Fuer solche Geschichten bin ich losgezogen in die grosse, weite Welt!

Morgen geht“s Richtung Riga, mit Zwischenstop am Berg der Kreuze. Liebe Gruesse, Claudia